In jeder Mediation kommen wir immer an diesen Punkt: es wird Tacheles geredet. Als Mediator ist es mein Job darauf zu achten, dass es beim „Tacheles-Reden“ nicht zu weiteren Kränkungen oder Verletzungen kommt. Wenn Menschen endlich mal die Gelegenheit bekommen, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, nach passenden Worten zu ringen, Sprachlosigkeit – manchmal mit Hilfestellung vom Mediator – zu überwinden, an Formulierungen zu feilen, bis es für alle stimmt und die Begriffe sitzen…dann herrscht Klarheit.

Viele Menschen haben eine starke Sehnsucht nach Klarheit. Wir alle kennen das doch: Strategien, die andere nur benutzen wollen, Intentionen, die keiner durchschauen soll, Tarnen, Täuschungen, Tricks, Listigkeiten und merkwürdige Auslegungen von Wahrheit. Scheinheilig ist ein interessanter Begriff dafür. Könnte man nicht die aktuelle Weltlage einfach damit „erklären“, dass zu viele Menschen nicht mehr wissen, wie man ehrlich von Herz zu Herz miteinander spricht? ( Und ich weiß, wie schwierig es ist, was so einfach klingt…)

Was erwarten wir denn von oft jungen Menschen, die inoffiziell als „abgeschrieben“ gelten? Das ist doch eine schreckliche und resignative Perspektive. Gewalt, wie jüngst in London, ist ein weltweites Symptom. Nix Neues, uralt. Und trotzdem hochaktuell. Alle sind aufgefordert, an Antworten und Lösungen mitzuarbeiten. Schubladen-Denken ist das Gedankenmehl von Gestern.

Klartext reden braucht Verantwortung und Ermöglichung. Just in time.